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Leipzig hilft

„Spiel! Pass! Schieß! und Tor!“ - Der SV Lindenau verleiht Integration einen Extra-Kick

Seit vielen Jahren spielen beim SV Lindenau Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund Fußball. Ihre Familien kommen mittlerweile aus 29 Ländern. Teilweise sind es Menschen aus EU-Staaten oder Flüchtlinge, die in den 1990er Jahren nach Deutschland kamen. Vor eineinhalb Jahren intensivierte der Verein seine Integrationsarbeit noch einmal, lud Kinder aus Asylbewerberunterkünften zum Training ein. Heute, im Angesicht der großen Herausforderungen beim Thema Asyl, erscheint der Verein wie ein Musterbeispiel für Integration. Eltern, Trainer und Vereinsmitglieder stehen hinter dem Konzept. Und die Kinder und Jugendlichen wollen einfach Fußball spielen. Dafür wurde der SV Lindenau im Frühjahr mit dem Integrationspreis des Deutschen Fußball - Bundes (DFB) ausgezeichnet. Die Leipziger Straßenzeitung hat sich bei einem Training auf dem Lindenauer Sportplatz „Charlottenhof “ umgeschaut.

Der zwölfjährige Delbi bringt seine Brüder Deldi (8) und Haldi (6) das erste Mal zum Training der F-Jugend. Vorher waren sie schon ab und zu bei den Lindenauer Fußball-Bambini schnuppern. Vor den Umkleidekabinen hängt eine große Weltkarte, in der die Herkunftsländer aller Spieler mit den entsprechenden Flaggen markiert sind. Haldi sucht die Fahne des Landes, aus dem seine Eltern kommen, und tippt auf eine rotweiß- schwarze mit zwei grünen Sternen. „Nein, das ist Syrien“, korrigiert ihn Bruder Delbi, „hier ist die irakische Fahne“. Er zeigt auf eine rot-weiß schwarze mit drei grünen Sternen und arabischer Schrift. Delbi hat früher auch beim SV Lindenau gespielt, heute ist er in der D-Jugend beim benachbarten TuS Leutzsch aktiv. Er wollte einen anderen Verein ausprobieren, erinnert sich aber gern an die Zeit in Lindenau. Dann platzt es aus ihm heraus: DFB-Chef Wolfgang Niersbach war vor kurzem hier, zusammen mit den Nationalspieler Kevin Volland und Shkodran Mustafi! Anderthalb Wochen ist es her, dass der hohe Besuch mit viel überregionaler Presse im Schlepptau wie ein Raumschiff auf dem kleinen Lindenauer Sportplatz landete. Den Amateurverein versetzte das in helle Aufregung. Der Besuch am Tag des Fußballländerspiels gegen Georgien in Leipzig sollte eine Anerkennung angesichts der Verleihung des DFB-Integrationspreises 2015 sein. Zum ersten Mal ging dieser an einen ostdeutschen Verein. „Da ist aber auch viel Politik im Spiel“, sagt F-Jugend-Coach Harry Schramm mit einem Augenzwinkern. Nun ist dagegen wieder Alltag im „Charlottenhof“ eingekehrt, dem laut Schramm „schönsten Sportplatz von Lindenau!“

Harry Schramm trainiert die F-Jugend gemeinsam mit dem Syrer Rody Meilicke und Björn Mencfeld, der auch für Journalistenbesuche zuständig ist. Mencfeld erzählt, dass der SV Lindenau schon immer ein offener Verein war und Sportler mit Migrationshintergrund hatte. Im Januar 2014 regte der damals noch recht neue Trainer Martin Hammel an, den Verein auch in der neu eröffneten Asylbewerberunterkunft in der Georg-Schwarz-Straße vorzustellen. Das haben er und Mencfeld gemacht und die beiden seien sofort sehr gut von der Sozialarbeiterin vor Ort empfangen worden. Es habe dann nicht lange gedauert, bis die ersten Flüchtlingskinder von ihren Eltern zum Training gebracht wurden. Mittlerweile kommen auch aus anderen Unterkünften Nachwuchskicker zum Training. „Die Ersten, die wir bei uns hatten, sind mittlerweile schon in eigene Wohnungen gezogen und sprechen gut Deutsch. Ein Vater ist dann bei uns auch als Trainer eingestiegen“.
Die Rede ist von Rody Meilicke. Dieser fordert Deldi im Ronaldo-Trikot (sein Lieblingsspieler ist aber Gareth Bale!) gerade auf, mit links zu schießen. Deldi verkündet stolz: „Ich bin zwar Rechtshänder, aber Linksschießer!“ Und sein großer Bruder Delbi, der tatsächlich Ronaldo-Fan ist, erklärt die Vorteile eines multinationalen Teams: „Jeder konnte andere Sprachen und wir haben uns gegenseitig etwas bei gebracht.“ Außerdem habe es nie Lästereien gegeben. „Das ist ja nicht überall so“, erzählt der Sohn irakischer Flüchtlinge. [...]