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Da sind Menschen

Was bedeutet Glauben heute? - Interview mit Gregor Giele, Propst der St. Trinitatis Gemeinde

Rund 24 Millionen Menschen gehören in Deutschland der katholischen Kirche an. Doch jedes Jahr treten Mitglieder aus der Kirche aus. In Leipzig sind derzeit nur 4,3 % der Bevölkerung katholisch. Trotzdem wurde im vergangenen Jahr die neue Trinitatiskirche im Zentrum Leipzigs eingeweiht. Die KiPPE sprach mit Propst Gregor Giele darüber, was Glaube heutzutage bedeutet.

KiPPE: Die Bevölkerung entwickelt sich ständig weiter. Bedeutet „katholisch sein“ heute etwas anderes als früher?
Gregor Giele: Christ sein bedeutet auch immer, in einer konkreten Zeit zu leben. Jede Zeit hat ihre eigenen Prämissen, ihre Bedürfnisse, ihre Ideale. Lange Zeit war die Region eher ländlich geprägt, jetzt leben wir in einer Großstadt, die wächst und wächst. Da gibt es natürlich andere Schwerpunkte als früher. Der Spruch „Gott umarmt uns mit Wirklichkeit“ beschreibt das ganz gut.

Wo liegen denn jetzt die Schwerpunkte, konkret 2016?
Auf ein einzelnes Jahr würde ich das nicht beschränken. Aber in einer tendenziell hektischen Zeit brauchen die Menschen Ruhepunkte – Orte, an denen sie innehalten können. Ebenso brauchen sie inhaltliche Orientierung. Wir versuchen im Alltag immer „alles Wichtige“ zu erledigen. Aber das ist oft immer noch zu viel. Die Kunst besteht darin, auch mal vermeintlich Wichtiges einfach ruhen zu lassen. Leipzig ist eine sehr vielfältige, lebendige Stadt. Das ist für uns eine Herausforderung, da wollen wir Profil zeigen. Mit etwas, was uns als Christen auszeichnet.

Es gibt viele Gläubige, die zwar die Werte der Kirche mittragen, aber die Kirche als Institution und beispielsweise die Kirchensteuer ablehnen. Glauben Sie, dass die Kirche Probleme hat, als Institution zu bestehen?
Ich denke, dass jede Gemeinschaft eine Organisationsform braucht. Es ist wichtig, dass wir uns unserer Stärken bewusst sind und uns nicht zu sehr auf die Nachteile fokussieren. Eine Stärke der Kirche ist zum Beispiel das große soziale Engagement. Oder nehmen Sie das Leben in der Gemeinde. Hier sitzt der Hartz-IV-Empfänger neben dem Sparkassenchef und sie verstehen sich und haben sich etwas zu sagen.

Wie hoch ist denn der Anteil von sogenannten „Gelegenheits-Christen“, die nur zu besonderen Festen in die Kirche kommen?
Das ist sehr schwer einzuschätzen. Im Ostergottesdienst habe ich schon sehr viele unbekannte Gesichter gesehen. Das kann aber auch daran liegen, dass wir den Gottesdienst am Samstagabend gefeiert haben und nicht wie viele andere Gemeinden sehr früh am Sonntag. [...]