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Sprache im Wandel

YOLO, chillen und Alter

Alles fing ungefähr in der 6. Klasse an. Alle veränderten sich, alle taten es. Und so tat ich es auch irgendwann. Die ganze Schule schien plötzlich betroffen zu sein. In jeder Stunde, jeder Minute und in jeder Sekunde wurde überall konsumiert.

Text: Gretha Seemann & Foto: pixabay


Was sich jetzt anhört wie eine hochgefährliche Epidemie oder eine neue Modedroge, war in Wirklichkeit gar nicht so schlimm. Aber mindestens genauso ansteckend. Es handelte sich um die Jugendsprache, die auf einmal Einzug in meine Welt hielt. Überall hörte ich auf einmal Wörter wie „jo“ oder „krass“. Das beliebteste Wort war allerdings definitiv „Alter“. Dies war auch mein Einstiegswort. Ich versuchte, es nur in der Schule zu benutzen, doch ich gewöhnte mich so schnell daran, dass ich es bald auch zu Hause gebrauchte. Meine Mutter fühlte sich komischerweise beleidigt, wenn ich in einem Satz „Alter“ sagte. Daran erkennt man übrigens wirklich schön, dass die Jugendsprache meistens keine Geschlechter und auch überhaupt keine Regeln der Grammatik kennt.
Ich versuchte meiner Mutter jedenfalls wirklich lange und mit viel Geduld zu erklären, dass das ja keine Anrede, sondern vielmehr ein Ausruf von Empörung oder Unverständnis sei. Half aber nichts. Und so wurde aus dem coolen „Alter“ dann irgendwann „Alter Schwede!“ – wenigstens zu Hause und im Beisein meiner Mutter. Und schon war das Problem gelöst und das ewige Diskutieren Geschichte. Als Schwede fühlte meine Mutter sich also scheinbar nicht beleidigt. In der Schule und unter Freunden blieb das klassische „Alter“ aber doch. Dort war ja schließlich eh jeder betroffen und so fiel ich rein gar nicht auf. Und angesprochen fühlte sich schon gar keiner. Dieser Einstieg ist jetzt ungefähr sechs Jahre her. Ich bin mittlerweile 18 und kann sagen, dass sich die Sprache der Jugend ziemlich verändert hat. Man kann im Prinzip beobachten, dass jedes Jahr ein neues Wort in war. Mal war es das gute alte „chillen“, in einem anderen Jahr sagten auf einmal alle „YOLO“ oder „LOL“. Es wäre ja auch furchtbar anstrengend, für jeden Verständlich zu sagen: „Man lebt nur einmal“ oder „Das finde ich sehr witzig“. Da sind YOLO und LOL definitiv die kürzeren Alternativen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich noch nie ernsthaft in einem Satz eines dieser Wörter benutzt habe. Aber es gibt sie tatsächlich, die Leute, die solche Abkürzungen in ihren Sprachgebrauch einfließen lassen. Aber jedes Jahr entscheiden ja eh die top qualifizierten Mitglieder der Langenscheidt-Jury, welches Wort denn das „Jugendwort des Jahres“ sein soll. Jeder kann Vorschläge einreichen (also auch die 80-jährige Bärbel, aber das nur nebenbei angemerkt), die bestimmten Kriterien entsprechen sollen: „sprachliche Kreativität“, „Originalität“, „Verbreitungsgrad des Wortes“ und „gesellschaftliche und kulturelle Ereignisse“. Die eingereichten Wörter werden dann eingegrenzt, und am Ende entscheidet dann also die Jury, welches Wort den Titel „Jugendwort des Jahres“ verdient hat. [...]