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Psychotherapie? Mangelware!

Wer in Leipzig nach einem Therapieplatz sucht, muss sich auf ordentlich Stress einstellen. Jahrelange Wartelisten und ständige Absagen sorgen bei ohnehin schon belasteten Personen für Hoffnungslosigkeit. Die KiPPE versucht einen Überblick über das komplexe Thema zu geben.

Text: Luna Torres Bartsch & Foto: Pexels

Laut Statischem Bundesamt sind psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen 2021 in Deutschland die vierthäufigste Todesursache. Doch der Weg zu Hilfe ist für viele Betroffene mühsam und überfordernd. Besonders während der Corona-Krise fehlte es an Therapieplätzen. Laut der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) stiegen die Anfragen in psychotherapeutischen Praxen im Januar 2021 um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Allerdings wird es angehenden Therapeuten auch sehr schwergemacht, kassenfinanzierte Therapien anzubieten. Um das gewährleisten zu können, braucht man in Deutschland einen Kassensitz. Wie viele es hier gibt, ist allerdings nicht davon abhängig, wie viele Menschen momentan eine therapeutische Behandlung benötigen, sondern davon, wie viele der Gemeinsame Bundesauschuss (GB-A) festlegt – ein Gremium in dem neben Kliniken und Patientenvertretern auch Krankenkassen sitzen. Bisher orientierte sich der GB-A an der Anzahl der Kassensitze, die 1999 in einem Gebiet zugelassen waren. Sind alle vorhandenen Kassensitze besetzt, gilt das Gebiet als überversorgt, und es werden keine neuen mehr bewilligt. 2018 ließ der GB-A eine Studie veranlassen, die zu dem Ergebnis kam, dass rund 2 400 Kassensitze mehr in Deutschland benötigt werden. Tatsächlich genehmigt wurden nur 800. Der Bedarf ist deutlich sichtbar, warum wird also nicht gehandelt? Es lässt sich nur vermuten, dass der Hauptgrund die mit einer Aufstockung verbundenen finanziellen Mittel sind.

Die Finanzierung spielt übrigens auch eine wichtige Rolle für junge Therapeutinnen und Therapeuten, die sich niederlassen wollen. Diese müssen nämlich einen Kassensitz von einem vorangegangenen Therapeuten abkaufen. Das kann nicht selten um die 100 000 Euro kosten. Dementsprechend karg sieht es mit Angeboten für Bedürftige aus. In Leipzig gibt es 342 Kassensitze. Laut dem Gesundheitsamt Leipzig leiden rund 125 000 Menschen hier unter schweren psychischen Erkrankungen (sicherlich mit einer nicht unerheblichen Dunkelziffer). Demzufolge kommen ca. 365 Patientinnen und Patienten auf einen Psychotherapie-Kassensitz. In der Realität haben Therapeuten durchschnittlich Kapazitäten für etwa 20 bis 30 Patientinnen und Patienten gleichzeitig. Diese Zahlen machen deutlich, wie dringlich die Lage ist, und schon allein durch den starken Bevölkerungszuwachs steigen in Leipzig die Zahlen der Betroffenen. [...]