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Ukrainische Straßenkunst, Teil 1: Blitzkunst statt Blitzkrieg

In der letzten KiPPE stellten wir Graffitis in Leipzig zum Krieg in der Ukraine vor und berichteten über Streetart-Künstler, die sich vor Ort im Krisengebiet verewigten. Ab dieser Ausgabe wenden wir uns der Frage zu, wie die lokale Straßenkünstler, die in der Ukraine geblieben sind, den Krieg erleben und zeigen ihre Werke.

Text: Mariia Uchytel & Foto: Maxim Yakimenko

Im Vergleich zu Deutschland waren ukrainische Straßenkunst und Graffitis lange Zeit relativ unpolitisch. Im Jahr 2014, vor dem Hintergrund des Maidan und der Krim-Besetzung, kam es zu einer Welle patriotischer und politischer Straßenkunst. Daraus entstanden Wandbilder, die den nationalen Kampf und die kulturellen, wissenschaftlichen und sportlichen Errungenschaften der Ukraine thematisierten. Doch im Laufe der Zeit, als die Schärfe des Konflikts im Osten des Landes nachließ, wichen die lebhaften patriotischen Motive der vertrauten subkulturellen Kunst. Das änderte sich im Februar 2022 erneut. Als die neue Phase der russischen Invasion begann, legten die Straßenkünstler ihre Kreativität zunächst auf Eis. Jetzt brauchte das Land sie in anderen Bereichen. Um die Armee zu unterstützen, halfen viele Graffitikünstler, Militärfahrzeuge und Waffen professionell zu tarnen. Einige Kunstschaffende haben es sich zur Aufgabe gemacht, aus Patronenhülsen und verbrauchten Artilleriekartuschen Kunstobjekte zu schaffen. Unter ihnen sind viele Streetart- und Graffitikünstler. Sie gestalten diese Objekte in ihrem eigenen unverwechselbaren Stil.
Im Laufe der Zeit haben die Straßenkünstler erkannt, dass ihre Aufgabe nun darin besteht, die Ukrainer psychologisch zu unterstützen, indem sie über ihrer Kunst die Themen des Krieges reflektieren, Ausländer über den Krieg informieren und die Armee unterstützen. Innerhalb weniger Monate nach Ausbruch des Krieges waren die Straßen voll mit Graffiti, Aufklebern und Plakaten zum Thema Krieg. In verschiedenen Städten wurden große Graffitis zur Unterstützung des Regiments Asow und der belagerten Städte gemalt. [...]