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Kriegsspiele?

Leipzig 1813 - Die Völkerschlacht zur Mahnung wacht

Ein Essay von Benjamin Brückner
Dieses Jahr steht ganz im Zeichen eines bedeutsamen historischen Ereignisses. Vor zwei Jahrhunderten tobte auf Leipziger Boden einer der blutigsten Konflikte in der europäischen Geschichte. Bis zu jenem Kampf im Oktober 1813 hatte sich Leipzig in der Welt als Stadt der Messen und des Buchhandels etabliert. Und das, obwohl die Stadt ihrem äußeren Erscheinungsbild nach allemal als provinziell gelten konnte. Mittelalterliche Festungsanlagen umgaben Leipzig selbst zu dieser Zeit noch. Der städtische Rat, das kurfürstliche Amt und die Universität verwalteten nach genauso alter Tradition die Belange Leipzigs. 32 000 Einwohner mussten sich auf engstem Raum miteinander arrangieren. Für die Wirtschaft waren vornehmlich Manufakturen, das grafische Gewerbe und das Handwerk von entscheidender Bedeutung.

Am 18. Oktober 1806 besetzte Marshall Davout mit seinen Truppen die Stadt Leipzig unter der Direktive Napoleons. Der unerbittliche Marshall betrachtete Leipzig als „Frankreichs gefährliche Feindin“, da sie als Hauptstapelplatz englischer Waren angesehen wurde. So hatte Leipzig lange vor der Völkerschlacht bereits unter dem französischen Diktat zu leiden. Napoleon verhängte eine Kontinentalsperre, die den Handel mit England untersagte. Darüber hinaus wurden sämtliche englische Produkte und Fabrikate beschlagnahmt. Leipzig musste diese Waren für ein hohes Entgelt zurück kaufen. Die wirtschaftliche Schwächung zog eine verringerte Kaufkraft der Einwohner nach sich, was auch die künstlerischen Gewerbe wie den Buchhandel schwer traf. Verleger versuchten sich mit Kalenderblättern über Wasser zu halten, um nicht völlig in der Armut zu versinken. Dieser unbarmherzige Protektionismus und die militärische Schwächung Napoleons durch den gescheiterten Russland- Feldzug ließen den Widerstand gegen die Fremdherrschaft deutschlandweit und auch in Leipzig erstarken. Freiwillige deutsche Jäger und Kosakentruppen drangen über die Elbe vor. Studenten, Professoren, Kaufleute und Handwerker in Leipzig organisierten sich. Die Lage verschärfte sich dramatisch, als Napoleon den Belagerungszustand über die Stadt verhängte. Der Imperator wollte seine schwedischen, russischen, österreichischen und preußischen Feinde in einem vernichtenden Feldzug vor den Toren der Stadt in die Knie zwingen. Einer seiner Verbündeten war Sachsen, was die nachträgliche Aufarbeitung in der Region schwierig machte. Zunächst schien Napoleon durch einen taktischen Teilsieg zu gewinnen. Als dann jedoch russische Reservearmeen und weitere schwedische Truppen in unerwarteter Zahl eintrafen, kippte das Kräfteverhältnis zugunsten von Napoleons Widersachern. Insgesamt 600 000 Soldaten lieferten sich die bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts größte Schlacht der Weltgeschichte an dem Ort, wo das Völkerschlachtdenkmal heute mahnt. 92 000 von ihnen starben in diesem blutigen Kampf. [...]