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Wir haben den Krieg verloren!

Interview mit Hacker Alexander Klosch

Die Enthüllungen Edward Sowdens über die massenhafte Überwachung der NSA sind allgegenwärtig, aber kaum einer regt sich auf und die deutsche Regierung unternimmt nichts. Der laxe Umgang mit dem Datenschutz von WhatsApp, Facebook und Co. ist allgemein bekannt, aber viele nutzen es. Hacker, also technik- und netzaffine Menschen dagegen regt das auf und sie wissen mehr über die Hintergründe und wie man sich am sichersten durch das Netz bewegt. Die KiPPE sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden des Sublab e.V. Leipzig, einem Hackerspace, über all das.

KiPPE: Was ist ein Hacker?
Alexander Klosch: Es gibt das Bild des Hackers, das von den Medien und Hollywood geprägt wird. Bei diesen Typen laufen immer grüne Zahlen über die Monitore, bevor sie sich ins Pentagon einhacken, dort eine kriminelle Person ausfindig machen und eine Ampel auf Rot stellen, damit die Polizei sie erwischen kann. Darüber hinaus gibt es noch das andere nicht ganz so rühmliche Bild eines Hackers: das vom dicken, bebrillten, im Keller sitzenden, Fertig-Pizza essenden Computer- Nerd, der den ganzen Tag eigentlich nur World of Warcraft spielt. Langsam dürfte allerdings auch im Mainstream angekommen sein, dass Hacker nicht unbedingt diesen Bildern entsprechen. Hacker sind in der Regel technisch versierte Menschen. Was die meisten vereint, ist ein wahnsinniges Interesse für Technologie, ein unheimlicher Wissensdurst: Wie funktioniert das eigentlich und warum? Dabei ist es egal, ob es sich um den alten Kassettenrekorder von Opa, einen Computer oder ein Programm handelt.

Was machen Hacker?
Ein Beispiel: Es gibt häufig ganz ähnliche Smartphones zu ganz unterschiedlichen Preisen. Warum? Weil der Hersteller verschiedene Funktionalitäten dieser Hardware freischaltet, indem er die Software bestimmte Dinge tun lässt oder nicht. Hacker sagen in diesem Fall: Nein, ich kaufe diese Hardware und lasse mir doch nicht vorschreiben, was das Gerät können soll! Und dann haben einige Hacker so genannte Exploits geschrieben, wie man aus dem jeweiligen Betriebssystem ausbricht, um eigene Updates einzuspielen. In den USA gab es daraufhin Klagen von Apple. Normalweise stehen die großen Firmen ja auf der Gewinnerseite, doch in diesen Fällen hat das Gericht tatsächlich bestätigt, dass das völlig legal ist: Wenn man etwas gekauft hat, kann man damit machen, was man will, das kann kein Hersteller verbieten. Aber das ist die Strategie, die die Industrie verfolgt: Mehr Geräte verkaufen und den Anspruch der Kunden klein halten. Dazu sagt die Hacker-Community allerdings: Nein! Ich finde heraus, was das Gerät sonst noch kann und mache damit, was ich will.
Das ist faszinierend, das ist Hacker-Kultur! Wir entwickeln etwas, weil wir das gut finden oder etwas herausfinden wollen, und stellen es dann anderen zur Verfügung. Darum geht es.

Es gibt eine Hackerethik? Wenn ja, was beinhaltet diese?
Das ganz einfache Dogma, dem man sich da unterwirft, ist private Daten zu schützen und öffentliche zu nutzen. Diese Forderungen hört man in übersetzter Form immer wieder, wenn es um politischen Aktivismus oder Themen wie die digitalisierte Gesellschaft oder Vorratsdatenspeicherung geht. Offene Daten sind dabei ein großes Thema – dass wir beispielsweise in die Verwendung unseres Rundfunkbeitrags Einsicht nehmen können. Wofür genau wird die GEZ-Gebühr von welcher Fernseh- oder Radioanstalt ausgegeben? Ich denke, das stärkt die Demokratie. Private Daten sind der Kern des Individuums, der Kern der Gesellschaft. Wenn Staat oder Gesellschaft damit Schindluder treiben, entsteht schnell ein Gefühl, das viele Leute seit den Snowden-Enthüllungen haben: Angst vor Überwachung und Selbstzensur. Deshalb werden die Forderungen nach einem besseren Schutz privater Daten beim Chaos Computer Club und in der Hackerethik so groß geschrieben. [...]