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Der natürliche Lauf des Lebens

Alltag in einem Leipziger Hospiz

Es riecht nach Zitrone und Amaryllis und wirkt durchaus lebendig, das Hospiz Advena in der Leipziger Birkenstraße. Die Farben sind freundlich, hell und frisch, Kerzen, Lichter und Lampen spenden warmes Licht. Menschen kommen und gehen freundlich grüßend, neue Möbel und frische Wäsche werden angeliefert, Frühstück zu den Gästen gebracht. Zeitgleich nehmen zwei Familien Abschied von einem geliebten Menschen. Eine kommt weinend aus dem Zimmer heraus, traurig, aber auch erleichtert darüber, dass „sie es geschafft hat“. Die KiPPE sprach mit der Leiterin Bianca Bretschneider über den Alltag, das Leben und Sterben im Hospiz.

KiPPE: Wie sind Sie zu Ihrer Arbeit im Hospiz gekommen und welche Aufgaben haben Sie hier?
Bianca Bretschneider: Ich bin gelernte Krankenschwester und habe 2001 eine halbe Stelle im Hospiz angenommen. Daraus wurde schnell mehr: Bald habe ich die stellvertretende Pflegedienststelle übernommen. Heute bin ich die Einrichtungsleiterin und Geschäftsführerin der GmbH und nicht mehr in der direkten Pflege tätig, sondern ausschließlich in der Koordination und der Planung.

Wie gestaltet sich ein Tag im Hospiz?
Der Tagesablauf richtet sich immer nach den Wünschen und Bedürfnissen der Bewohner. Bei uns gibt es keinen starren Rhythmus wie im Krankenhaus, sondern wir schauen darauf, wie die Bewohner versorgt werden wollen. Das ist ganz unterschiedlich und flexibel. Insofern gibt es auch nicht punkt 8 Uhr Frühstück, sondern je nachdem, wann die Bewohner wach sind und wann sie essen möchten. Natürlich müssen wir einen Ablauf gewährleisten und alle versorgen, aber wir versuchen, übliche Sachen, die man zu Hause machen würde, mit einzubeziehen – was man gern mag oder nicht, was man gern isst oder nicht, ob man gern Fernsehen schaut oder wie man seine Freizeit gestaltet.

Gibt es Angebote für die Bewohner?
Die meisten sind kaum zu gemeinschaftlichen Aktivitäten in der Lage. Sie sind in einem so schlechten Zustand, dass sie gar nicht mehr ihr Zimmer verlassen können und nehmen deshalb nur Angebote wahr, die sie einzeln annehmen können wie beispielsweise Physiotherapie, Ergotherapie, Besuche von unseren Ehrenamtlichen, die mal etwas vorlesen oder sich mit den Bewohnern unterhalten. Es gibt aber auch einige, die Wünsche äußern wie einen Zoobesuch oder Eis essen – es wird versucht, solche einfachen Dinge möglich zu machen. Außerdem haben wir übers Jahr regelmäßige Aktivitäten: Im Sommer wird z. B. gegrillt, in der Adventszeit gibt es einen Weihnachtsmarkt und eine Weihnachtsfeier, zur Sommersonnenwende ein Johannisfest. Daran können aber nicht alle Bewohner teilnehmen.

Wie gehen Sie und Ihre Mitarbeitenden damit um, ständig mit Krankheit und Tod konfrontiert zu sein?
Die Frage wird uns oft gestellt. Auch hören wir häufig die Aussage, „was ihr macht, könnten wir nicht“. Doch wir konzentrieren uns nicht darauf, dass wir immer wieder Abschied nehmen müssen – das bringt der Job einfach mit sich –, sondern darauf, wie wir die Zeit, die zur Verfügung steht, bestmöglich gestalten können. Der Lohn für unsere Arbeit ist dann, wenn uns Bewohner oder Angehörige danken für die Art und Weise, wie hier mit ihnen umgegangen wird.
Die anderen Sachen gehören dazu: den Angehörigen zu helfen, ihre Lieben hier zu begleiten, aber ihnen auch Unterstützung zu geben, wenn jemand verstorben ist, Abschied wirklich zu gestalten und es allen leicht zu machen loszulassen. Uns persönlich bereichert die Arbeit in unserem Leben, indem wir vor allem auf die Sachen schauen, die in dem Moment gerade wichtig sind. Das hilft, Klarheit zu erhalten für sein eigenes Leben. [...]