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Wohlhabend(e) in der DDR

„Ich wär so gerne Millionär“ sangen die Pop-„Prinzen“ aus Leipzig 1991 auf ihrem ersten Album „Das Leben ist grausam“, und viele ehemalige DDR-Bürger stimmten in dieses Lied ein, denn ein Millionärsleben war in ihrem Alltag nicht vorgesehen. Selbst ein Lotto-Gewinn machte niemanden im kleinen Land zum Millionär. Dass es dennoch Reichtum gab, und wo dieser zu finden war, soll der folgende Beitrag aufzeigen.

Text: Jens Rübner


Neben den „Königen“ im Sozialismus, den Handwerkern im Land, gehörten die herausragenden Künstler, hochrangigen Wissenschaftler, die Koryphäen auf dem Gebiet der Medizin, ebenfalls in die Liga der Wohlhabenden, der Privilegierten.
Die meisten Reichen in der DDR protzten nicht mit ihrem Geld, sondern verwalteten ihren Besitz stillschweigend. Sie lebten oft zurückgezogen, zum Beispiel auf dem Weißen Hirsch, einer der Villenstadtteile von Dresden, oder dem sogenannten Millionärshügel in Ahrenshoop. Nur wer die Gegend kannte, wusste, dass in den reetgedeckten Häusern der Leibarzt Otto Grotewohls und ein bekannter DEFA-Regisseur wohnten. Beliebte Wohnorte waren auch Potsdam oder Markkleeberg bei Leipzig.
Das stille Verwalten des Vermögens hatte seine Ursachen, denn sozialistische Gesinnung und reicher Privatbesitz passten nicht zusammen. Bevorteilt waren nicht nur hochrangige Wissenschaftler, wie beispielsweise Manfred von Ardenne, der Physiker. Dem „volkseigenen Baron“, wie er im Volksmund genannt wurde, stand gar ein „ewiges Konto“ zur Verfügung, das niemals leer wurde und von dem er sämtliche Ausgaben bestreiten konnte.

Beliebt als Wertanlage bei den Wohlhabenden im Lande waren Meißner Porzellan und Westautos: Der Chefkommentator des DDR-Fernsehens, Karl-Eduard von Schnitzler, besaß eine ganze Sammlung westlicher Fahrzeuge, der Schauspieler und Sänger Manfred Krug, der nach ersten Schritten am Theater fast immer in Hauptrollen zu sehen war und eine Top-Tagesgage unter den männlichen Schauspielern bezog, gönnte sich davon eine stattliche Villa in Berlin-Pankow mit Marmorbad und Wintergarten sowie einen Oldtimer-Fuhrpark. Auch der deutsche Jazzpianist, Bandleader und Komponist Günther Fischer, der Magdeburger Modeschöpfer Heinz Bormann, der „Dior“ der DDR, sowie der Dresdner Trompetenvirtuose Ludwig Güttler, der auf den Musikpodien der Welt gastierte, durften und dürfen nach wie vor sicherlich ein stattliches Vermögen ihr eigen nennen. Doch weder Prof. Kurt Masur, noch der Antiquitätenhändler Siegfried Kath oder einer der Dutzend Millionäre, die es laut Aussage des Amiga-Chefredakteurs René Büttner unter den Sängern und Rockern der DDR gab, war der Vermögendste. Laut „Spiegel“-Aussage (13/1992) war der Rechtsanwalt und Unterhändler Wolfgang Vogel, der bei den sogenannten „Häftlingsfreikäufen“ aus der DDR in den Westen vermittelte, der reichste DDR-Bürger. Er soll eine stattliche Jahrespauschale sowie fürstliche Honorare für den juristischen Beistand von – überwiegend – politischen Häftlingen erhalten haben, man spricht von bis zu einer Million D-Mark jährlich, steuerfrei. [...]