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Die Eisenbahnstraße im Wandel der Zeit

In unserer neuen Reihe beschäftigen wir uns mit der Leipziger Eisenbahnstraße. Wir zeichnen die Entwicklung der Magistrale von ihrer Entstehung über die Umwandlung zur Ernst-Thälmann-Straße in der DDR bis hin zur aktuellen Situation nach. Seit den 1990er Jahren ist das Straßenbild geprägt von ausländischen, vorwiegend arabischen Geschäften. Der Migrantenanteil ist – gemessen an der Gesamtstadt – relativ hoch. Die Straße gilt als Hotspot der Drogenszene und Bandenkriminalität. Erst 2016 wurde am Otto-Runki-Platz ein junger Mann erschossen. Seit einigen Jahren ziehen vermehrt Studenten und junge Kreative in das vermeintliche Problemviertel, welches hierdurch allmählich eine Aufwertung erfährt.

Text: Jessica Sobanski


Von den Schienen zur Straße

Die Reihe beginnt mit einem Beitrag zum Ursprung der Eisenbahnstraße als, der Name lässt es ja bereits vermuten, Eisenbahntrasse. Hier verlief die erste deutsche Fernbahn, die auf der Strecke der heutigen Eisenbahnstraße bis zur Verlegung des Bahndamms nach Norden verkehrte. Entlang der ehemaligen Bahnstrecke entstand die Eisenbahnstraße.
Von Anfang an entwickelte sich die Straße im Leipziger Osten zu einem typischen Arbeiterviertel, ließen sich doch die Arbeiter der Eisenbahngesellschaft sowie später auch die Angestellten der sich dort im Zuge der Industrialisierung bald ansiedelnden Fabriken in der Nähe ihrer Arbeitsstätten nieder. In den Erdgeschosszonen der Wohnhäuser wurden Geschäfte eingerichtet, und bereits zur Jahrhundertwende war die Straße im Leipziger Osten eine beliebte Einkaufsmeile.
Doch inzwischen würde wohl kaum noch jemand die Eisenbahnstraße als „beliebte Einkaufsmeile“ oder gar als „Boulevard“ bezeichnen, auch wenn sie nach Jahren der Abwertung seit einiger Zeit nach und nach eine Aufwertung zu erfahren scheint.
Junge Menschen zieht es in den unverbrauchten Osten. Hier gibt es noch Platz zu gestalten. Doch wie lange noch? Inwieweit wird die begonnene Gentrifizierung das Aussehen und Ansehen der Eisenbahnstraße verändern? Oder ist und bleibt sie „die schlimmste Straße Deutschlands“, wie die Pro Sieben Sendung taff vor einigen Jahren reißerisch titelte? Dieser und anderer Fragen möchten wir uns in unserer neuen Reihe widmen.
Doch zunächst, wie bereits angekündigt, eine kurze Rückschau auf die Entstehungsgeschichte dieser Leipziger Straße im Wandel.

„Vivat!“ – Es lebt!
Dieser Ausruf schallte laut über Leipzigs Dächer, als im April 1839 feierlich die erste deutsche Fernbahn zwischen Leipzig und Dresden eröffnet wurde. Selbst die königliche Familie nebst Ehrengästen nahm an der mit viel Tamtam begangenen Jungfernfahrt vor rund 180 Jahren teil. Auch die Dresdner Bürger waren an diesem besonderen Tag schon früh auf den Beinen, um ja nicht die gespannt erwartete Ankunft der neuen Fernbahn zu verpassen. [...]