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Schuldnerberatung – es kann jeden treffen

Petra Geicke ist stellvertretende Leiterin der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung des DRK Akademischen Kreisverbands Leipzig e.V. Die studierte Sozialpädagogin und ausgebildete Schuldner- und Insolvenzberaterin ist mit viel Herzblut bei der Sache, um Menschen in finanzieller Not zu helfen. Im Interview verrät die erfahrene Beraterin, was die häufigsten Gründe für Schulden sind und wie es Betroffene schaffen, diese wieder loszuwerden.

Interview: Sandy Feldbacher & Foto: Enrico Meyer

KiPPE: Welche Beratungen bieten Sie an?
Petra Geicke: Wir sind eine soziale Schuldnerberatungsstelle, d. h. wir beraten verschuldete Menschen aus Leipzig. Darüber hinaus sind wir auch eine anerkannte geeignete Stelle für das Verbraucherinsolvenzverfahren. Wir haben viele Klienten, die zuerst zur Schuldnerberatung kommen und mit denen wir dann, wenn alles geklärt ist und es keinen anderen Ausweg gibt, eine Insolvenz starten. Alle unsere Angebote sind für die Menschen, die von uns beraten werden, kostenlos.

Wie verläuft ein Erstgespräch?
Wir klären zunächst die aktuelle finanzielle Situation: Welches Einkommen gibt es? Wie hoch sind die Zahlungsverpflichtungen? Welche staatlichen Hilfen können beantragt werden? Priorität hat immer das aktuelle Leben. In erster Linie sind das die Absicherung von Miete und Strom sowie ein sogenanntes P-Konto (Pfändungsschutzkonto), mit dem jemand, der völlig überschuldet ist, einen bestimmten Betrag vor einer Pfändung schützen kann. Dann gibt es für jeden noch besondere Empfindlichkeiten – wenn z. B. Kinder da sind, muss ein Freiplatz im Kindergarten oder Hort beantragt und Essensgeld bezahlt werden. Alle anderen Sachen sind nachrangig.
Eine wichtige Aufgabe in unserer sozialen Beratung ist es, einen Überblick zu schaffen, damit die betroffene Person genau weiß, wie es bei ihr aussieht: Wo habe ich überall Schulden und wie hoch sind die? Erst dann kann man entscheiden, welchen Weg man am besten geht, um schuldenfrei zu werden.

Wer kommt zu Ihnen?
Es kann wirklich jeden treffen. Es kommen Menschen mit den verschiedensten sozialen Hintergründen und unterschiedlichsten Schicksalen. In der sozialen Schuldnerberatung können wir Menschen aus Leipzig mit geringerem Einkommen über einen längeren Zeitraum beraten. Aber auch Menschen mit höherem Einkommen haben im Schuldenfall sehr wenig Geld, leben mitunter unter dem Existenzminimum und können nicht noch eine teure Beratung finanzieren. Die Insolvenzberatung ist daher nicht an ein bestimmtes Einkommen gebunden.
Wir haben viele Klienten, die plötzlich arbeitslos geworden sind oder ein sehr geringes Einkommen haben und noch ergänzende Leistungen vom Amt beziehen. Es ist erschreckend, dass dies trotz Mindestlohn bei immer mehr Leuten der Fall ist. Das ist sicher auch den steigenden Mieten geschuldet. Ansonsten haben wir Menschen, die bereits sehr jung aus Unerfahrenheit im Umgang mit Geld und Verträgen in Schuldensituationen hineingeraten sind. Manchmal waren schon die Eltern überschuldet und leider „vererbt“ sich ein solches Verhalten mitunter. Deshalb führen wir oft Präventionsveranstaltungen z. B. in Berufsschulklassen durch, um Überschuldung vorzubeugen. [...]