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Glück im Haus ist zu wenig

Zum 200. Geburtstag von Clara Schumann

Clara Josephine Schumann ist die Tochter aus Friedrich Wiecks Ehe mit der Sängerin und Pianistin Marianne geb. Tromlitz. Die Tochter kommt am 13. September 1819 im Haus „Zur hohen Lilie“ am Neumarkt (Foto rechts) zur Welt. Heute steht an dieser Stelle das ausgediente Karstadt-Gebäude. An dessen Fassade erinnert eine Gedenktafel an den Geburtsort dieser großen und mehrfach geehrten Pianistin, Komponistin, Klavierprofessorin und Editorin sowie Ehefrau und mehrfache Mutter. Aus Anlass ihres 200. Geburtstages haben wir uns ihr auf etwas andere Weise genähert.

Text: Björn Wilda / Bildquelle: Wikipedia

Liebe Clara,
verzeih, dass ich dich plump und vertraulich duze. Das ist beileibe keine Respektlosigkeit dir gegenüber. Im Gegenteil: Diese Art macht es mir leichter, mich deiner Person und ihrem sehr wechselvollen Leben anzunähern. Zumal du mir schon oft über den Weg gelaufen bist, um es mal salopp zu sagen. Dazu später mehr.

Dir wird nachgesagt du seist ein frühes Wunderkind. Jedenfalls setzt dein Vater alles daran, statt dir eine unbeschwerte Kindheit zu gewähren, mit aller Strenge aus dir eine Starpianistin zu machen. Deine drei jüngeren Brüder sind dahingehend weit weniger begabt, also musst du den Kopf hinhalten, um dem Ehrgeiz deines inzwischen geschiedenen Vaters (deine Mutter hatte von ihrem hartherzigen Gatten die Nase voll und fühlte sich zu einem Gewandhausmusiker hingezogen) zu entsprechen. Weißt du, das ist heutzutage auch gar nicht so selten. Da gibt es Eltern, die mehr an eine durchgeplante Karriere ihres Kindes interessiert sind, als ihrem Nachwuchs Freiräume und eigene Entscheidungen zu lassen. Obendrein hattest du ein Handicap. Zwar bist du von schöner, hochgewachsener Gestalt, doch du lerntest erst sehr spät sprechen. Wenn Vater Wieck seine Zornesausbrüche bekommt, zeigst du dich ungerührt. Es ist deine Schutzhaltung. Mit neun Jahren, im Herbst 1828, hast du im Gewandhaus tatsächlich deinen ersten öffentlichen Auftritt. Wieck überlässt nichts dem Zufall, behält die totale Kontrolle. Er legt sogar ein Tagebuch unter dem Titel „Claras Stimme“ an. Weißt du noch, was er damit bezweckte? Er wollte wohl eine extrem symbiotische Beziehung zu dir aufbauen. Das Tagebuch selbst führt er in Ich-Form: das Ich, also du, Clara, ist darin in Wirklichkeit dein Vater. Ziemlich krass, würden wir heute sagen. Die Kehrseite: Dein Vater bringt dir viel bei, was dir später zugutekommen wird. Er lehrt dir nicht nur das Klavierspiel, er unterrichtet dich auch in Ton, Satz, Gesang und Violine, unterweist dich in Komposition kleiner Stücke und im Improvisieren. Häufig überträgt er dir auch das Abschreiben von Geschäftspost, damit du frühzeitig in die Besonderheiten des Tournee- und Gastspielbetriebes eindringen kannst. [...]