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„Dreck ist immer“

Unsere beiden Interviewpartnerinnen kennen sich schon lange. Denn Frau Adler putzt bei Frau Röckel die Fenster. Aus einem gelegentlichen gemeinsamen Kaffee wurde die Idee für ein längeres Gespräch in Katja Röckels Radiosendung „Mrs. Pepsteins Welt“. Denn Frau Adlers größte Leidenschaften könnten unterschiedlicher nicht sein: Putzen und Hockeyspielen.

Interview & Foto: Katja Röckel & Transkript: Margarete Arendt


Katja Röckel: Frau Adler, wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Katrin Adler: Gelernt habe ich Elektromechanikerin an der Karl-Marx-Universität, und dort habe ich auch als solche gearbeitet. 1990 gab es dann den großen Umbruch und statt weiterhin universitätseigene Techniker zu beschäftigen, wurde das System aus den alten Bundesländern von hausfremden Servicetechnikern mit Wartungsverträgen übernommen. Es war also absehbar, dass ich dann auf der Straße stehe, wie viele andere zu der Zeit. Und da habe ich beschlossen, putzen zu gehen, denn Dreck ist immer. Auch der Insolvenzverwalter will nicht in einem schmutzigen Büro sitzen und hält Geld für die Reinigung zurück. Deswegen bin ich 1990 zur BGH Süd umgesattelt und habe dort Neuland betreten.

Also war Putzen als jüngerer Mensch nicht Ihre Leidenschaft?
Nein, das ist aus der Notwendigkeit heraus geboren. Und wenn man einmal in der Reinigung ist, fällt es schwer, in einen anderen Beruf zurückzugehen. Außerdem muss man es auch aus der Zeit heraus betrachten: Zwischen 1990 und 2005 war die wirtschaftliche Lage schwierig. Putzjobs gab es immer, während es in den anderen Berufen für die Leute schwer war.

Und Sie haben sich dann irgendwann selbstständig gemacht?
Genau. Mein damaliger Meister hat sich selbstständig gemacht und mich gefragt, ob ich mitkommen würde. Er hatte ein großes Objekt, sodass ich dort für 40 Stunden anfangen konnte. Und ich konnte um 5 beginnen und durcharbeiten, was heute nur in wenigen Bereichen möglich ist. Da bin ich dann 14 Jahre tätig gewesen.

Das heißt Sie sind jeden Morgen halb 4 oder um 4 aufgestanden?
Genau. Also mit der ersten Bahn, dem Moped oder Fahrrad im Sommer. Dafür hat man den Nachmittag. Aber in der Reinigung muss man sehr darauf achten, dass man einigermaßen gesund lebt. Der große Partylöwe kann man nicht sein, sondern muss beizeiten ins Bett gehen. [...]