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„Sprecht die Obdachlosen an!“

Die KiPPE trifft Sandra, Kay und Billy von TiMMi ToHelp in ihrem mit haltbaren Lebensmitteln und Hygieneprodukten vollgestopften Büro am Dittrichring. Der Verein unterstützt wohnungs- und obdachlose Menschen, macht auf deren Probleme aufmerksam und schafft Begegnungen. Zentrales Element seiner Arbeit ist einmal wöchentlich eine Tour durch die Leipziger Innenstadt zum Verteilen von Essenspenden, Hygieneartikeln und Infomaterial an Bedürftige. Sandra, die eigentlich an der Uni Halle arbeitet, ist im Verein derzeit für die „Laufarbeit“ zuständig, d.h. einkaufen gehen und Spenden, wenn nötig, abholen. Kay und Billy kümmern sich gemeinsam um die Webseite, entwerfen Flyer sowie Designs. Zusätzlich ist Kay, der gerade eine Ausbildung zum Mediengestalter macht, für Spendenakquise, Koordination der Ehrenamtlichen und Kooperationen zuständig.

Interview: M. Arendt und S. Feldbacher & Foto: ©TiMMi ToHelp e.V.


KiPPE: Wie ist es euch in den letzten Monaten ergangen und wie ist eure aktuelle Situation?
Sandra: In den letzten Monaten war alles etwas chaotisch, weil wir aufgrund von Corona vieles umdisponieren und uns neue Strukturen überlegen mussten. Teilweise sind die Angebote in Leipzig weggefallen, unsere Tour fand zwar ununterbrochen statt, aber in abgespeckter Version. Während des Lockdowns gab es viele Geldspenden, aber relativ wenig Sachspenden, weil die Menschen größtenteils dringeblieben sind. Sonst ist das andersrum, und wir mussten unsere Arbeit daran anpassen.
Kay: Momentan sind wir wieder auf dem Stand von vorher. Natürlich ist das Hygienekonzept dazugekommen. Mit manchen Regelungen, wie der genaueren Arbeitseinteilung der Ehrenamtlichen, sind wir sogar noch besser aufgestellt. Während Corona war alles sehr eng gehalten – nur zwei Leute durften auf unserer Versorgungsrunde mitlaufen und alles managen plus die ganzen Hygienebestimmungen einhalten. Auch für unsere Klienten war das eine schwierige Zeit: Von einem Tag auf den anderen war für sie fast alles weggebrochen – die Hilfseinrichtungen hatten geschlossen, die Leute konnten sich nirgends waschen, die Grundversorgung ist weggefallen, und fast alle Organisationen und Vereine waren plötzlich nur noch telefonisch erreichbar. Allerdings haben viele unserer Klienten kein Handy. Das hat uns vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Also haben wir eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um Handys, Prepaid-Karten und Lebensmittelgutscheine kaufen zu können.

Hat die schnell eröffnete zweite Notunterkunft für Männer in der Torgauer Straße die Lage der Betroffenen entlastet?
Kay: Sie wurde zunächst zögerlich, aber von einigen sehr gern genutzt, andere haben es vorgezogen, draußen zu bleiben. So eine Notunterkunft löst nicht alle Probleme der Betroffenen.

In welcher Situation sind die Leute, mit denen ihr zu tun habt?
Kay: Überwiegend sind das obdachlose Menschen, die im Bereich um den Bahnhof übernachten, aber auch Wohnungslose und Leute mit Wohnung, aber zu wenig Geld – das ist sehr bunt gemischt. Wenn jemand kommt und sagt „ich habe Hunger“, werden wir ihn nicht abweisen.
Wir haben mehr Männer als Frauen draußen, das merkt man an den Beständen, die wir haben: Herrenunterwäsche ist immer sofort weg, Damenunterwäsche stapelt sich dagegen ein wenig, genau wie die Damenhygienesachen. Es gibt viele unterschiedliche Nationalitäten, und altersmäßig geht es bei Anfang 20 los bis über 60 und zwischendrin breit gestreut. [...]