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Kaufen, Kaufen...

Die Macht der Shopping Kings und Queens?

Übermäßiger Konsum ist schlecht für Umwelt und Menschen, das haben Studien längst nachgewiesen. Doch haben es Verbraucher/innen allein durch eine nachhaltigere Lebensweise selbst in der Hand, Klima und Menschheit zu retten? Warum können wir uns Konsum nur schwer entziehen und welche Alternativen haben wir überhaupt? Ein Streifzug durch die Geschichte, Psychologie und Sozialtheorie des Gütererwerbs.

Text: Sandy Feldbacher & Foto: Pexels


30 Jahre Wiedervereinigung: Dieses Jubiläum bedeutet für die Ostdeutschen auch drei Jahrzehnte mit Kapitalismus und dementsprechendem Konsum. Der Wunsch nach einer größeren Produktpalette im Ladenregal war neben jenen nach Reisefreiheit, freien Wahlen und einem dritten Weg zwischen real existierendem Sozialismus und Kapitalismus eine wichtige Triebkraft der Ereignisse ab Herbst 1989. Letztlich mündeten sie im Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990. Planwirtschaft und Staatsbesitz waren offenbar gescheitert, deshalb wurde der wohlstandversprechende Kapitalismus von vielen DDR-Bürger/innen begrüßt. Hat es die Menschen zufriedener gemacht? Wohl kaum. Der Preis für den Anschluss an die BRD war höher als erwartet: Ausverkauf, Fabrikschließungen, Arbeitslosigkeit, bis heute ein vergleichsweise niedriges Lohnniveau. Dies kann durch die Erfüllung von Statusbedürfnissen sicher nicht aufgewogen werden.
Psychologe und Psychoanalytiker Dr. Jakob Müller ordnet in seinem Podcast „Rätsel des Unbewussten“ Konsum heute wie folgt ein: Durch die Erosion traditioneller sozialer Bindungen, gesellschaftlicher Rituale und stabiler Lebensläufe, die als soziale Stabilisatoren fungierten, hätte sich eine Gesellschaft vereinzelter Personen und Gruppen in rastloser Konkurrenz und im Kampf um Anerkennung entwickelt. Soll heißen: Aus sozialen Wesen sind Einzelkämpfer geworden. Dieser Kontext böte viele Gelegenheiten, das psychische Gleichgewicht zu verlieren, und keine Spielräume, um Krisen abzufedern. Konsum funktioniere ersatzweise als der psychische Stabilisator unserer Zeit, der letztlich aber nicht das ersetzen könne, was eine sinnvolle soziale Integration ist. [...]