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Als Arzt mache ich Kinder gesund und im Zirkus stark – fürs Leben

Matthias Marquitz aus Leipzig arbeitet als Kinderarzt und freiberuflich als Zirkuspädagoge mit den Schwerpunkten Clownerie und Pantomime. Oft ist er auch als Klinik-Clown und Bühnenkünstler unterwegs. Gemeinsam mit seiner Frau hat er im Herbst 2019 ZirKuBi – Zentrum für Zirkus, Kunst und Bildung – gegründet. Was das genau ist und wie Matthias das Arztleben mit der Clownerie verbindet, erzählte er der Kippe im Interview. Es erscheint in unserer Reihe über Leipziger Persönlichkeiten, die 2021 im Jahreszeitenrhythmus erscheint.

Interview: Sabina Scharzenberg & Foto: Hans Unrau [https://www.unrau-fotografie.de/]

KiPPE: Bitte stelle dich kurz vor!
Matthias Marquitz: Vor ein paar Jahren kam mir eine Art Motto in den Sinn, dass mein Wirken ganz gut zusammenfasst: „Als Arzt mache ich Kinder gesund – und im Zirkus stark – fürs Leben.“ Meine vorrangigen Arbeitsmittel dafür sind die Beobachtung und die Sprache, über die ich mittlerweile Kinder, Jugendliche, Eltern und Erwachsene „behandele“. Es heißt, Kindermedizin sei vor allem Sprachmedizin, da die Kinder meist in Begleitung ihrer besorgten Eltern sind. Die „beste Medizin“ ist für mich oft Aufklärung in einem gemeinsamen Gespräch. Es gilt, Sorgen und Ängste ernst zu nehmen und wenn möglich abzubauen. Die Feinfühligkeit aus dem Clownsspiel hilft mir hier sehr.
Als Clown und Zirkuspädagoge hingegen liegt mein Fokus auf den inneren Stärken der Kinder wie auch der Erwachsenen. Diese gilt es sichtbar zu machen und wo auch immer möglich zu verstärken. Und ganz einfach gesagt, geht es auch darum, Freude zu verbreiten.

Wie bist du dazu gekommen?
Über viele glückliche Zufälle. Bereits zu Beginn meines Medizinstudiums in Jena hatte ich die Gelegenheit, im Rahmen des Uni-Sports einen Kurs für „Pantomime und Körpertheater“ zu belegen. Aus diesem Kurs entstand ein kleines Ensemble, das sich dann über die kommenden Jahre mit kleinen Auftritten stetig weiterentwickelte. Aus dem Körpertheater heraus fand ich zusätzlich den Weg in die Welt der Clownerie. Auch wenn diese beiden Welten eng beisammen liegen, so ist das Faszinierende an der Clownerie für mich der Umgang mit dem Scheitern. Ein an sich natürlicher Prozess schon aus Kindertagen, der in unserer Gesellschaft jedoch viel zu oft mit Angst besetzt ist und vermieden wird. Allerdings entsteht gerade dort etwas zutiefst Wertvolles: Erkenntnis und Gelassenheit. Über den Clown ergibt sich aber auch die Möglichkeit seinen eigenen authentischen Kern (wieder-)zuentdecken, ebenso wie das eigene empathische Gespür zu schärfen.
Neben all diesem kreativen Tun beendete ich mein Medizinstudium und begann als Arzt zu arbeiten. Mein erster Arbeitgeber stellte mich glücklicherweise nur in Teilzeit an, und so blieb weiterhin die Zeit für zirkuspädagogische Tätigkeiten. Innerhalb meiner ärztlichen Arbeit in der Kinderklinik bemerkte ich dann, dass mir die Arzt-Patienten-Gespräche lagen. Auf der Suche nach dem Grund, warum jene Situationen für mich „einfacher“ waren, kam ich dann wieder zum Clown zurück. Dort lernte ich jenes hilfreiche feinfühlige Gespür. [...]