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Spurensuche

Von „Klassizismus“ bis Moderne

Wir lauschen im Gewandhaus einem Konzert, wir sehen in der Oper ein Ballett, wir erleben im Schauspielhaus eine Premiere, wir schauen von einem der drei 16-Geschosser hinunter auf den Clarapark, wir sehen, wie sich das MM-Logo auf dem Hochhaus Tag und Nacht dreht. Merken Sie was? Alle diese Gebäude sind Vertreter der DDR-Architektur in unserer Stadt. Es gibt sie noch reichlich. Der Umgang mit dem baulichen Erbe hat viele Facetten. Weil jene Architektur kein einheitliches Konstrukt war, sondern ihre unterschiedlichen Phasen und Formen hatte.

Text & Foto: Björn Wilda


Manches ist in den letzten 30 Jahren verschwunden – etliches blieb erhalten im Leipziger Stadtbild: Architektur aus DDRZeiten. Damit sind beileibe nicht nur die Großsiedlungen wie Grünau oder Paunsdorf gemeint (übrigens: in „Platte“ gebaut wurde auch in der Alt-BRD). Allein die Leipziger Innenstadt kann Gebäude aufweisen, die die Wende nicht nur überlebt, sondern eine neue Aufwertung erhalten haben. Weil es früher trotz politisch gewollter Vorgaben und ökonomischer Zwänge Beispiele gab für interessante Lösungen, die umgesetzt wurden. Gehen wir auf Spurensuche.
Erste Zweckbauten entstanden bereits im Gründungsjahr der DDR. Der Messehof (1949/50, Petersstraße) war der erste Messehausneubau nach dem Krieg. 1952–1954 wurde das Herder-Institut an der Lumumbastraße errichtet. Als damalige Arbeiter- und Bauernfakultät war es der erste Universitätsneubau nach 1945. Eine andere universitäre Einrichtung ist das Anatomische Institut (1951–1956 gebaut). Der größte Teil der Universitätsbauten war 1943 beim Luftangriff vom 4. Dezember vernichtet worden.
Insgesamt bis zu 30 Prozent Leipzigs waren zerstört, davon rund 40 000 Wohnungen sowie die meisten der öffentlichen Gebäude in der Innenstadt. Neben der Wiederbelebung der Infrastruktur und der Enttrümmerung mussten vor allem neue Wohnungen her. Das begann 1951/52 mit dem ersten mehrgeschossigen Wohnungsneubau beiderseits der Jahnallee (dieser Abschnitt hieß damals Straße der III. Weltfestspiele). Es entstanden knapp 230 Zwei- und Dreiraumwohnungen. In den Erdgeschossen konnten „15 Läden für die verschiedensten Bedürfnisse der Bevölkerung geplant und der volkseigenen Handels-Organisation zur Verfügung gestellt werden“.* Die Vielfalt für damalige Verhältnisse war beeindruckend: Textilwaren, Schuh- und Lederwaren, Rundfunkgeräte, Drogerie, Fahrräder und Motorräder, Fotobedarf, Lebensmittel usw. Die Tradition von Erkern mit Reliefs wurde an den Blöcken an der Nordseite der Straße aufgegriffen. Heute gehören die Gebäude zum Bestand der LWB, sie stehen unter Denkmalschutz und wurden um 2005 saniert. [...]