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Was für uns tabu ist

Tabus sind stets zu hinterfragen

Jede Gesellschaft bzw. unser aller Leben wird begleitet von Tabus. Der Begriff kommt aus dem Polynesischen und meint mit „tapu“ das Unberührbare. Mit Tabus belegt werden können Sprache, Nahrungsverhalten, zwischenmenschliches Verhalten, Handlungen, Konflikte, Zustände, Denkweisen. Das Spektrum reicht vom Persönlich-Privatem bis zum Gesamtgesellschaftlichen. Ein Tabu versteht sich als praktiziertes Regelwerk, als eine stillschweigende Übereinkunft („darüber spricht man nicht“, „das gehört sich nicht“, „eine rote Linie“) und überschneidet sich inzwischen mit der Political Correctness. Aber ist denn alles, was mit Tabu belegt ist, auch einleuchtend oder haben wir uns so daran gewöhnt, dass wir nicht mehr hinterfragen? Wo behindern uns Tabus, wo helfen sie uns vielleicht?

Text: Björn Wilda & Illustration: Stéphanie Weppelmann


Jedes Mal zum Monatsanfang das gleiche Ritual. Die Gehaltsabrechnung flattert auf den Tisch. Schön verschlossen im Kuvert, nicht einsehbar, solange sie der Adressat nicht selbst öffnet. Noch mit dem Zusatz versehen „Persönlich, vertraulich“. Genau. Was man verdient, geht den anderen Kollegen nichts an. Es bleibt tabu. Oder doch nicht? Selbst im Bekannten- oder Freundeskreis geht man mit dem Thema Gehalt nicht hausieren. In manchen Arbeitsverträgen findet man einen Paragraphen, der das Sprechen über das Geld verbietet und bei Verstoß mit einer fristlosen Kündigung bestraft. Dieser Paragraph ist jedoch nichtig. Kein Arbeitgeber kann verbieten, über Gehalt mit Kollegen zu sprechen. Es ist eine persönliche Entscheidung.

Auch wird zunehmend Transparenz eingefordert in Sachen Entgelt. In den USA oder in Skandinavien ist das längst kein Thema mehr. Doch hier bei uns ist das Reden über Geld generell tabubehaftet und kommt höchstens hinter vorgehaltener Hand aufs Tapet. Es könnte ja Unfrieden und Neid hervorrufen, wenn man erfährt, dass man bei gleicher Arbeit weniger verdient als der Kollege oder die Kollegin neben sich. Oder Mehrverdienende werden ihren Status auch nicht an die große Glocke hängen, um nicht schief angesehen zu werden. Wobei die ungleiche Bezahlung von Mann und Frau immer noch ein gesamtgesellschaftliches Problem ist. Im Vergleich zu Männern bekommen Frauen in Deutschland durchschnittlich 18 Prozent weniger Gehalt. Das ist längst nicht mehr hinzunehmen.
„Equal Pay“ wird inzwischen auch für den Frauenfußball eingefordert. Und in der Tat haben Fußballverbände für ihre Nationalteams die Prämien angeglichen. Nur der DFB ist da noch nicht auf der Höhe der Zeit angekommen. [...]